MISSIONARINNEN CHRISTI ERZÄHLEN

Im Portrait: Sr. Maria Fokter, Murnau

Ein Jubiläum ist doch immer ein wunderbarer Anlass, auf den eigenen Weg zum Heute zu schauen. So nahm Sr. Maria Fokter das 25jährige Jubiläum ihrer ersten Bindung an die Missionarinnen Christi zum Anlass, Einblick in ihren Werdegang und ihr Tun zu geben. Sie arbeitet heute als Fachkrankenschwester für Anästhesie und Intensivpflege und Praxisanleiterin an der renommierten BG Unfallklinik Murnau.

Sr. Maria kommt ursprünglich aus Salzburg, ist auch österreichische Staatsbürgerin, stammt aus einer Familie mit einem landwirtschaftlichen Betrieb mit Gärtnerei. Ihr Beruf und ihre Berufung bringen sie zur Krankenpflege. 1993 tritt sie in das Noviziat im Orden Missionarinnen Christi ein, verbringt zwei Jahre im Generalat in der Linderhofstraße in München, das dritte Jahr in Nürnberg, wo sie am Klinikum der Stadt angestellt ist.  

In den folgenden Jahren bereitet sie sich auf ihre Lebensweihe vor. Die Zeit zwischen erster Bindung und Lebensweihe im Jahr 2002 ist sehr bewegt, erzählt sie. „Ich bin immer in meinem Beruf geblieben, von Anfang an. Es war schon viel unter einen Hut zu bringen: Der Beginn im Auftrag der Gemeinschaft als Missionarin Christi zu leben, die Dienste an der Klinik, das Leben in der Gruppe. Das brauchte Zeit, musste sich entwickeln.“

Schon immer ist Sr. Maria der Blick über den Tellerrand hinaus wichtig. Im Leiden des Menschen etwas bewegen und verbessern. Das Ganze sehen. Neues wagen. So begann mit ihr bereits 1996 ein Ethikkreis in ihrer damaligen Klinik, der sich wegbereitend mit den Themen Behandlungseinschränkungen  und Palliativsituationen befasste – keine leichte Themen. „Ich war damals auf der Normalstation, habe mich unter anderem im internistischen Bereich um Dialysepatienten gekümmert. Fall- und Problemanalysen haben wir gemacht, um zu schauen, wie wir besser im Interesse unserer schwerstkranken Patientinnen und Patienten handeln können.“

Weiter schauen, sich weiter entwickeln, beides gehört zu ihrem Selbstverständnis. So folgte eine zweijährige Weiterbildung in onkologischer Pflege. Sie orientierte sich gerade in Richtung Stationsleitung, als sie ihr Weg während des Juniorats auf Wunsch der Gemeinschaft von 2000-2002 nach Südafrika führt, wo sie sich mit um den Aufbau und die Organisation eines Versorgungszentrums (care center) für HIV/Aids-Kranke in Sizanani in der Nähe von Bronkhorstspruit, Erzdiözese Pretoria, und um den Aufbau einer häuslichen Versorgung (home based care) auf diözesaner Ebene in Tzaneen kümmert.

Wieder in Deutschland kehrt Sr. Maria an das Nürnberger Klinikum zurück – bis zum zweiten Aufenthalt in Südafrika von 2004-2005, wo sie in Taung am Aufbau und der Organisation einer neuen Schwesterngruppe beteiligt ist. Parallel dazu legt sie das Examen als registrierte Krankenschwester für Südafrika ab. 

Nach einem einjährigen Aufenthalt am Institut für religiöse, seelsorgerliche und psychologische Studien in St. Anselm,  England, führt sie ihr Weg schließlich 2006 zurück nach Deutschland, konkret nach Jena.

„In St. Anselm habe ich mich intensiv mit den Themen Trauerarbeit, Traumabewältigung, Aufarbeitung, Beratung, Begleitung mittels Selbsterfahrung auseinandergesetzt – alles extrem wichtig für mich persönlich, für die mir anvertrauten Menschen und für mich als Krankenschwester und Seelsorgerin“, erzählt Sr. Maria. Der Neustart in Jena war nicht einfach, sie musste erst wieder Fuß fassen, war arbeitsuchend, obwohl überall händeringend Pflegekräfte gebraucht wurden. Eine Teilzeitstelle als Pflegekraft in einem Altenzentrum führte schließlich zurück dahin, wo sie heute noch ist, zur intensivmedizinischen Pflege. 2007 begann die Krankenschwester im Jenaer Universitätsklinikum.

„Ich war ja länger raus aus der Hightech-Medizin. Also hieß es lernen, beruflich wie persönlich. Ich glaube, die ersten drei Nächte habe ich gar nicht geschlafen. Insgesamt war es eine harte Zeit. Das war eine Gesundheitsfabrik, viele Betten, ein hartes Arbeitsklima, unpersönlich, oft leider auch sehr egozentriert unter den Mitarbeitern. Ich habe das Menschliche vermisst und eine christliche Assoziation.“

2010 war nochmal ein Jahr des Umbruchs. „Ich wusste nicht, ob ich nicht aus der High-Tech-Medizin aussteigen sollte. Ein halbes Jahr versuchte ich mich als Leitung im Haus der Besinnung in Maria Kirchental, was für mich aber nicht funktionierte.“ Nach einem halbjährigen Kurs in Münsterschwarzach führt sie ihr Weg Ende 2011 nach Murnau, wieder an ein größeres Krankenhaus. „Hier sind die zwei Welten von Ärzten und Pflegepersonal gut vereint. Nicht umsonst ist die Klinik bekannt für ihre gute Qualität bei Ärzten und Pflege. Natürlich ist es ein großer Konzern, trotzdem pflegen alle einen kollegialen und menschlichen Umgang. Kurzum: Es ist für mich einfach ein tolles Krankenhaus in den bayrischen Bergen.“

Heute betrachtet sie die vorausgegangene persönliche und berufliche Krise als Herausforderung, die sie meistern konnte dank der Führung Gottes, ihrer Zugehörigkeit zum Orden der ihr diese Zeit des Wachsens und Reifens auch ermöglichte, ihrer Sendung. „Genau das macht das Leben aus, dass man ganz zurückgeht, aufarbeitet und gestärkt aus den Krisen herausgeht. Als Missionarin Christi war diese Zeit in Südafrika und Jena für mich sehr erdend, ebenso als Pflegende und nicht zuletzt als Frau. Seit da kann ich erschütternde emotionale Situationen begleiten, es macht mir keine Angst mehr.“ Um dieses  Fundament auch religiös für die Begleitung von Patienten und Angehörige zu festigen belegte sie neben der Arbeit einen theologischen Fernkurs.

Nach den Jahren der Weiterbildungen in der Pflege arbeitet Sr. Maria hier heute als Fachkrankenschwester für Anästhesie und Intensivpflege sowie als Praxisanleiterin, wo sie ihre Erfahrungen an jüngere Kollegen weitergibt. „Diese Kurse habe ich etwas später gemacht als andere in ihrem Berufsleben, dafür mit viel Berufs- und Lebenserfahrung. So bin ich heute auf einem aktuellen Stand und meine jüngeren Kollegen profitieren davon, gerade in der Praxisanleitung. Menschen anzuleiten erarbeitet man sich durch Erfahrung, das gilt es weiterzugeben. Es gibt nämlich nicht das Patentrezept sondern eine Schatzkiste unterschiedlicher Pflegemethoden.“

Nach zwei Jahren in der Lebensgruppe in Obersöchering ist Sr. Maria seit 2013 in Murnau im Einzeleinsatz und wohnt in einem Klinikappartement. In der Ruhe des Alleinseins findet Sr. Maria einen Ausgleich zu der körperlichen und emotional sehr belastenden Arbeit. „Ich schätze auch die Nähe zur Natur sehr, ich brauche sie zum Abschalten und für die körperliche Fitness. Von der Gemeinschaft her ist mir das Charisma sehr wichtig: Hineingenommensein ins Leben mit Gott. Die Spiritualität der MC ist für mich da sehr einfach und trägt mich in der Tiefe. Christus ist die Mitte meines Lebens, meiner Gemeinschaft. Aus der Mitte des dreifaltigen Gottes bin ich gesandt. In einem Augenblick nur bin ich ausgerichtet, mittendrin. Ein Blick zur Sonne genügt, die mich aus den Wolken grüßt.  Es braucht keine langen Gebetsformen.“

Der kontemplative Lebensstil ist ihr im Alltag sehr nahe, gilt es doch wahrzunehmen, Aufmerksamkeit zu schenken, das Leben zu spüren im Hier und Jetzt in der Begegnung mit Jesus Christus.    

Einerseits verlangt der Beruf Rationalität. Alles ist rational. Der Dienstplan, die Einteilung der Pflegekräfte, das Übernehmen von Aufgaben. „Zugleich habe ich einen sehr religiösen Zugang zu meiner Arbeit. Ich betrete heiligen Boden. Ich bin überzeugt davon und habe es schon oft erfahren dürfen, dass nicht ich mir den Patienten aussuche, sondern der Patient mich findet. Das kommt nicht von ungefähr. Darin spüre ich die Begleitung und Führung Gottes, obwohl ich voll in der Arbeit stehe und mir im konkreten Moment darüber gar keine Gedanken mache, sondern nur den inneren Impulsen bzw. den Gegebenheiten folge.“ Im Rückblick erkenne ich diese Dynamik und das lässt mich staunen. Dass von dieser Lebenshaltung alle profitieren können, davon ist Sr. Maria überzeugt. „Wenn man spürig ist, offen für die Situationen die einem entgegenkommen, dann klappt das. Beziehung passiert genau da.“

So ist Sr. Maria auch in der Klinik-Seelsorge engagiert. Oft initiiert sie die Anfangsbegleitung der Angehörigen bis der Seelsorger kommt. „Unser Seelsorger ist zu jeder Zeit bereit zu kommen. Er ist voll ins Team integriert, sehr engagiert. Das schätze ich.“ Denn nur über eine gute Dreieckskommunikation zwischen Seelsorger, Behandlungsteam und Patient mit seinen Angehörigen funktioniert die Begleitung der Situation optimal. „Durch meinen Beruf muss ich die Not der Welt oft außen vor lassen. Dafür ist wenig Raum, weil ich die Not so nahe dran habe – so gerne ich mich auch damit noch viel mehr befassen würde.“

Wichtig ist ihr auch die Klinikkapelle – ein Ort wo vieles Erlebte vom Dienst und von ihrer Lebensumgebung einen guten Platz bekommt. „Seit Corona bin ich die Copilotin des Pfarrers für die Gestaltung der Gottesdienste am Dienstag und Sonntag.“ Diese dürfen im Moment nur für die Patienten stattfinden, von außen dürfen derzeit keine Gäste zu den Gottesdiensten kommen. Davor war die Kapelle immer voll. Das Verständnis für ihr Engagement ist groß, der Dienstplan wird entsprechend geregelt. „Ich lebe auch davon. Mir tut das Herz weh, wenn ich an diesen Tagen nicht zum Gottesdienst gehen kann“, berichtet Sr. Maria. „Mein Status als Ordensfrau ist bekannt auf der Station, bringt auch Leben ins Team. Über mich wird der Glaube und die Realität Gottes auch präsent der Klinik, es überträgt sich.“ Dass in Murnau schon seit langem ganz selbstverständlich beim Patienten gefragt wird, ob seelsorgerische Begleitung gewünscht ist, freut sie besonders.

Rückblickend auf ihren Weg holt Sr. Maria eine Karte hervor, die ihr eine Schwester in der Krankenpflegeausbildung geschenkt hatte, ihre Berufungskarte, wie sie sie nennt. Darauf ist Psalm 25,4 zitiert „Herr, zeige mir deinen Weg und führe mich nach deinem Willen“, verbunden mit dem Wunsch, sie möge immer den Weg erkennen, den Gott sie führen will und die Kraft haben ihn auch zu gehen. „Immer, wenn ich diesen Satz gelesen habe und lese, gab und gibt mir das einen Stich, steht er doch symbolisch für alle Menschen, die diese Berufung helfen rausschälen, entzünden, begleiten, …“

So kommt sie nochmal auf das zurück, was ihr Kraft gibt. „Im Alltag, genügt es, den Klinikberg hoch zur Arbeit zu gehen und mich auszurichten auf den, der mich sendet, und auf das, was kommt. Über Exerzitien kann ich immer wieder meine Lage bestimmen, mich für eine notwendige Zeit lang zurückziehen und einüben.“

All das gibt ihr die Kraft, damit sie immer wieder als Mensch am Patientenbett steht und begleitet. Sie fängt ab und auf, holt die Angehörigen ab, begleitet familiäre Dramen. „Es ist ein Abholen im doppelten Sinne, physisch hin zum Patienten aber auch geistlich im Hinführen auf die Situation. Für mich ist das etwas so Normales. Ich kann es, lasse mich in die Situation reinstellen.“ Auch das ist etwas, das Sr. Maria gerne ihren Kollegen weitergibt, was sie ins Team einbringt. „Ich bin dankbar, dass ich das leben kann, was ich jetzt bin, durch meine Geschichte, meine Erfahrung, mein Sein als Missionarin Christi.“

Wenn wir Ihr Interesse geweckt haben, freuen wir uns. Sie möchten gerne noch mehr darüber erfahren, wo die Missionarinnen Christi überall unterwegs und engagiert sind? Sprechen Sie uns jederzeit gerne an. In all unseren Lebensregionen in Deutschland/Österreich, Afrika und Brasilien gibt es beständig Projekte, die erst dank Ihrer Spenden mehr Menschen erreichen, die unsere Hilfe benötigen. Oft bewirkt die Hilfe im Kleinen so viel Großes. Vielen Dank dafür! 

Ihre Missionarinnen Christi