Monatsimpuls – Juni 2022

GOTTES GEIST GANZ KONKRET

Der Geist Gottes ist immer da, Gott sei Dank nicht nur zu Pfingsten. Er ist der Atem Gottes, die Geistkraft, der Beistand, der Tröster, der Beweger, der Unruhestifter; derjenige, der neue, manchmal ziemlich unerwartete Lösungen erkennen und Grenzen überschreiten lässt. Er ist Klugheit, Rat, Stärke, Weisheit und Gottesfurcht … Und noch vieles mehr!

Dass der Geist Gottes im Hebräischen „die Ruach“ heißt, also eine weibliche Kraft, das macht ihn noch interessanter.

Kürzlich hatte ich Gelegenheit, etwas von dieser bewegenden Kraft Gottes zu erleben. Ich war eingeladen, als Teil einer kleinen, feinen Frauendelegation nach Rom zu reisen. Wie kam es dazu, und was war die Absicht dieser Reise?

Papst Franziskus hat vor einem Jahr die Kirche zur Synodalität eingeladen. Synodalität heißt, gemeinsam auf dem Weg sein und gemeinsam hinhören, was der Geist Gottes uns hier und heute sagen will; wohin und in welcher Weise er seine Kirche in unserer Zeit in unsere Welt schicken will. Bei allen schriftlichen und mündlichen Eingaben zur Synodalität (von Pfarreien, Diözesen, Orden, kirchlichen Organisationen) stand das Thema „Frauen in der Kirche“ an oberster Stelle. Ob das Zufall ist, oder ob da Gottes Geist etwas Bedeutsames sagen will?

Jedenfalls waren bei genauerem Hinschauen drei wiederkehrende Anliegen erkennbar:

  1. Frauen können in der Kirche alle Leitungsaufgaben übernehmen. Das trifft sich gut mit der von Papst Franziskus initiierten so genannten Kurienreform, die ab Pfingsten (!) in Kraft treten wird: Sogar in den vatikanischen Ministerien können Frauen – entsprechend ihrer Kompetenz – alle Leitungsämter übertragen bekommen. Auch solche Ämter, die bisher nur Kardinälen vorbehalten waren.
  2. Mit dem Leitungsthema einher geht die Frage von Weiheämtern für Frauen. Das ist irgendwie von der Leitungsfrage nicht zu trennen. Es geht um Weiheämter auf allen Ebenen. Nur schnell das Diakonat für Frauen zu ermöglichen – das wäre keine Lösung. Und es wäre auch eine Verzweckung des Diakonats, also der kirchlichen Sozialarbeit. Nicht jede Frau ist zur Sozialarbeiterin berufen.
  3. Bei der Synode zur Synodalität (im Herbst 2023) sollen neben den vielen, aus aller Welt kommenden Bischöfen auch Frauen in ausreichender Zahl vertreten sein, mitreden und mitentscheiden können. Derzeit ist erst einmal nur eine einzige Frau mit Mitsprache- und Stimmrecht vorgesehen. Erst wenn Frauen eine sichtbare und wahrnehmbare Wirklichkeit sind, dann kann ihr Beitrag für die Kirche erfahrbar und wirkmächtig werden.

Zurück zur Reise nach Rom: Gottes Geistkraft war kräftig spürbar. Wir hatten Begegnungen mit Frauen in kirchlichen Leitungsaufgaben. Wir wurden begleitet von der Frau des österreichischen Bundespräsidenten, und wir waren Gäste der österreichischen Vatikanbotschafterin, die uns viele Türen geöffnet hat. Wir hatten eine Begegnung mit Papst Franziskus, dem wir sagen konnten: „Wir sind Frauen, die die Kirche lieben, und daher sind wir bereit, Verantwortung zu übernehmen.“ Seine Reaktion: „Das ist schön“, und er hat uns väterlich-herzlich angeschaut und begeistert seine Hände gehoben.

Ich bin in den nachfolgenden Tagen und Wochen oft gefragt worden: Was hat diese Reise bewirkt? Was auch immer diese Reise bewirken wird, und wohin auch immer der Weg von Frauen in dieser Kirche führen wird – eines habe ich sehr deutlich gespürt: Da muss wohl die göttliche Geistkraft im Spiel gewesen sein!


Sr. Christine Rod ist Theologin und Supervisorin. Sie ist seit 2020 Generalsekretärin der Österreichischen Ordenskonferenz.